08.02.2016
Streit um Winterdienst auf einseitigen Gehwegen

Befindet sich auf nur einer Seite einer Straße ein Gehweg, so ist es nicht zu beanstanden, dass nur jene Anlieger zum Winterdienst und damit bei einem Glätteunfall zum Schadenersatz verpflichtet sind, auf deren Seite der Weg verläuft. Das hat der 5. Senat des Verwaltungsgerichts Baden-Württemberg mit einem Normenkontrollurteil vom 10. November 2015 entschieden (5 S 2590/13).
In dem entschiedenen Fall wohnt der Antragsteller in einer Straße, die nur auf der seinem Anwesen zugewandten Seite über einen Gehweg verfügt.
Gemeinsame Verpflichtung
Nach der Gemeindesatzung oblag nicht nur ihm, sondern auch seinem auf der anderen Straßenseite wohnenden Nachbarn die Verpflichtung, den Gehweg im Winter von Schnee und Eis zu räumen beziehungsweise zu streuen. Bei einem Glätteunfall infolge einer Verletzung dieser Verpflichtung konnten folglich beide zur Verantwortung gezogen werden.
Der Nachbar des Antragstellers kam seiner Verpflichtung jedoch nur unzureichend nach. Auch wiederholte Beschwerden bei der Gemeinde schafften keine Abhilfe. Diese verwies den Antragsteller vielmehr darauf, dass es ausschließlich seine Sache sei, sich mit seinem Nachbarn zu einigen.
Nachdem auch in der Folgezeit keine einvernehmliche Regelung zustande kam und der Antragsteller die Gemeinde dazu aufgefordert hatte, die Räum- und Streupflicht seines Nachbarn mit ordnungsrechtlichen Mitteln durchzusetzen, waren die Gemeindevertreter des Streits offenkundig überdrüssig.
Sie beschlossen mehrheitlich, die Streupflichtsatzung zu ändern mit dem Ergebnis, dass nur noch jene Anwohner zum Räum- und Streudienst verpflichtet wurden, auf deren Straßenseite ein Gehweg verlief.
Normatives Ermessen
Der Antragsteller sah in der Satzungsänderung einen Verstoß gegen den im Grundgesetz garantierten Gleichbehandlungs-Grundsatz. Er zog daher gegen die Gemeinde vor Gericht. Dort erlitt er eine Niederlage.
Nach Ansicht der Richter war die Gemeinde im Rahmen ihres sogenannten normativen Ermessens dazu berechtigt, die örtliche Streupflichtsatzung zu Lasten des Antragstellers zu ändern.
Denn es sei mit höherrangigem Recht vereinbar, dass sie von der ihr im Landesstraßengesetz eingeräumten Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, auch den Anliegern der gegenüberliegenden Straßenseite teilweise die Reinigungs-, Räum- und Streupflicht für einseitige Gehwege aufzuerlegen.
Kein Verstoß gegen Gleichbehandlungs-Grundsatz
Den vom Antragsteller behaupteten Verstoß gegen den Gleichbehandlungs-Grundsatz vermochten die Richter nicht zu erkennen. Ihres Erachtens ist es nämlich nicht willkürlich, allein den Direktanliegern die Reinigungs-, Räum- und Streupflicht aufzuerlegen, „da diese als Angrenzer dem Gehweg nicht nur räumlich näher liegen, sondern durch ihn auch die größeren Vorteile haben.“
Das Gericht sah keine Veranlassung, eine Revision gegen seine Entscheidung zuzulassen.
(Quelle VersicherungsJournal 16.11.2015)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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