01.02.2016
Streit um Anwaltskosten

Erscheint die Beauftragung eines Rechtsanwalts zweckmäßig und erforderlich, so ist der Haftpflichtversicherer eines Schädigers dazu verpflichtet, dessen Kosten zu übernehmen. Davon ist insbesondere bei erheblichen Schäden auszugehen, so das Landgericht Köln in einem Beschluss vom 12. August 2015 (11 S 173/15).
Ein Fahrzeug eines Mietwagenunternehmens war unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt worden. Der dadurch entstandene Schaden in Höhe von rund 10.000 Euro wurde zwar von dem Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers reguliert. Der Versicherer weigerte sich jedoch, die Kosten zu übernehmen, die durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts entstanden waren.
Verstoße gegen Schadenminderungspflicht?
In dem sich anschließenden Rechtsstreit begründete der Versicherer seine ablehnende Haltung damit, dass die Geschädigte gegen ihre Schadenminderungs-Pflicht gemäß § 254 Absatz 2 BGB verstoßen habe.
Es sei nämlich davon auszugehen, dass Gewerbetreibende, wie das Mietwagenunternehmen, über eine gewisse Rechtskunde verfügen würden. Angesichts der eindeutigen Schuldfrage habe es sich außerdem um einen einfach gelagerten Fall gehandelt. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts sei folglich nicht erforderlich gewesen.
Doch dem wollte sich weder das in erster Instanz mit dem Fall befasste Kölner Amtsgericht noch das Landgericht der Domstadt anschließen. Beide Instanzen gaben der Klage auf Erstattung der Anwaltskosten statt.
Kein einfach gelagerter Fall
Darf ein Geschädigter die Beauftragung eines Anwalts für zweckmäßig und erforderlich halten, so ist der Schädiger beziehungsweise dessen Versicherer nach Ansicht der Richter grundsätzlich dazu verpflichtet, dessen Kosten zu übernehmen.
Eine Ausnahme bestehe nur in einfach gelagerten Fällen, in denen aus Sicht des Geschädigten keine vernünftigen Zweifel daran bestehen können, dass der Schaden nach der Erstmeldung unverzüglich reguliert wird.
Bei der Beurteilung der Frage, ob es sich um einen einfach gelagerten Fall handelt, kommt es nach Auffassung der Richter nicht zuletzt auch auf die Höhe des Schadens an. Es sei außerdem zu berücksichtigen, dass die Materie angesichts der immer umfangreicheren und komplexeren Rechtsprechung für rechtliche Laien nur noch schwer zu überschauen sei.
In dem zu entscheidenden Fall komme es daher nicht darauf an, dass die Geschädigte als Mietwagenunternehmen möglicherweise über eine gewisse Rechtskunde verfüge. Denn sie war angesichts des Schadenumfangs auf jeden Fall dazu berechtigt, sich auf Kosten des Schädigers beziehungsweise dessen Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer der Hilfe eines Rechtsanwalts zu bedienen.
(Quelle VersicherungsJournal 10.11.2015)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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