04.01.2016
Rechtsschutz-Versicherung: Falsch verhandelt

Verhandlungen über einen Auflösungsvertrag, bei denen ein rechtsschutz-versicherter Arbeitnehmer zur Stützung seiner Verhandlungsposition eine etwaige Rechtswidrigkeit oder Unwirksamkeit einer in Aussicht gestellten Kündigung aus taktischen Gründen nicht geltend macht und dem Arbeitgeber daher keine Pflichtverletzung vorwirft, stellen keinen Rechtsschutzfall dar. Das geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 17. September 2014 hervor (7 U 102/13).
Der Kläger arbeitete für ein global operierendes Unternehmen. Der Geschäftsbereich, in welchem er tätig war, sollte in Deutschland eingestellt werden. Daher wurde zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber ein Rahmensozialplan vereinbart, der in Aufhebungsverträgen münden sollte.
Mit der Prüfung und den Verhandlungen über den Aufhebungsvertrag beauftragte der Kläger einen Rechtsanwalt. Die ihm von dem Anwalt in Rechnung gestellten Kosten verlangte er von seinem Rechtsschutz-Versicherer erstattet, bei dem er unter anderem eine Arbeitsrechtsschutz-Versicherung abgeschlossen hatte.
Kein Versicherungsfall?
Dieser hielt sich jedoch für nicht eintrittspflichtig. Denn das Angebot eines Aufhebungsvertrages stelle weder einen Rechtsverstoß noch eine stillschweigende Kündigungsdrohung dar.
Die Tätigkeit des von dem Kläger beauftragen Anwalts sei auch nicht auf die Abwehr einer Kündigung gerichtet gewesen. Dieser habe aus verhandlungstaktischen Gründen vielmehr darauf verzichtet, dem Arbeitgeber eine Pflichtverletzung vorzuwerfen. Daher sei kein Versicherungsfall eingetreten.
Dem schlossen sich die Richter des Frankfurter Oberlandesgerichts an. Sie wiesen die Klage auf Übernahme der Anwaltskosten durch den Rechtsschutzversicherer als unbegründet zurück.
Allein die Tatsache, dass der Kläger dachte, er hätte mit einer Kündigung rechnen müssen, wenn der Aufhebungsvertrag nicht zustande gekommen wäre, reicht nach Ansicht des Gerichts nicht aus, einen Rechtsschutzfall zu begründen.
Zu sanfte Töne
Er beziehungsweise sein Anwalt hätten dem Arbeitgeber gegenüber vielmehr geltend machen müssen, dass eine mögliche Kündigung rechtswidrig gewesen wäre und er hierauf seine Interessenverfolgung stütze.
Der Kläger habe die anwaltliche Hilfe zur Aushandlung eines Aufhebungsvertrags jedoch in Anspruch genommen, ohne dem Arbeitgeber gegenüber auch nur anzudeuten, dass er sich bei seiner Interessenverfolgung zur Durchsetzung seiner Verhandlungsziele auch darauf berufe, dass die angedrohte Kündigung möglicherweise rechtswidrig sei. Dem Arbeitgeber sei auch bei der Sozialauswahl kein rechtswidriges Verhalten vorgeworfen worden.
„Unter diesen Umständen genügt es daher nicht, wenn der Kläger nachträglich im Rechtsstreit äußert, es erkläre sich von selbst oder sei offenkundig, dass er die mit dem angebotenen Aufhebungsvertrag verbundene Kündigungsandrohung als unberechtigt angesehen habe“, so das Gericht.
Der Kläger hat folglich keinen Anspruch auf Leistungen durch seinen Rechtsschutzversicherer. Das Gericht sah keine Veranlassung, eine Revision zum Bundesgerichtshof zuzulassen.
(Quelle VersicherungsJournal 03.11.2015)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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