14.12.2015
Raub oder Diebstahl? Das war hier die Frage!

Gelingt es einem Dieb, einer in einem Auto sitzenden schlafenden Frau eine Handtasche zu entreißen, so handelt es sich nicht um einen versicherten Raub, sondern lediglich um einen im Rahmen einer Hausratversicherung nicht versicherten Diebstahl. Das hat das Landgericht Köln mit Beschluss vom 12. November 2014 entschieden (24 S 49/14) und damit ein gleichlautendes Urteil des Amtsgerichts Köln vom 2. Juli 2014 (118 C 81/14) bestätigt.
Der Kläger befand sich im Sommer 2013 zusammen mit seiner Ehefrau und seinen beiden kleinen Kindern auf einer Urlaubsreise von Deutschland nach Marokko.
Wegen der beschwerlichen Autofahrt machte die Familie gegen fünf Uhr morgens auf dem Gelände einer spanischen Autobahnraststätte eine Pause, um kurz im Auto zu schlafen. Dabei ließ die Ehefrau des Klägers die Scheibe des Beifahrerfensters einen Spalt weit offen.
Versicherter Raub?
Das sollte sich als Fehler erweisen. Denn kurz nachdem die Familie eingeschlafen war, griff ein Dieb durch den Fensterspalt, entsperrte die Türsicherung und entriss der Frau ihre beiden Handtaschen, die sie auf ihrem Schoß umklammert hielt.
Der durch den Zwischenfall wach gewordene Kläger und seine Frau verfolgten den Dieb zwar, konnten ihn jedoch nicht fassen. Auch Ermittlungen der unmittelbar nach dem Vorfall benachrichtigten Polizei waren ergebnislos.
Der Kläger machte daher Ansprüche gegenüber seinem Hausratversicherer geltend. Denn weil der Täter seiner schlafenden Frau die Taschen aus den Händen gerissen habe, habe es sich um einen versicherten Raub gehandelt.
Diese Argumentation vermochte jedoch weder das Kölner Amtsgericht noch die Richter des Landgerichts der Domstadt zu überzeugen. Beide Instanzen wiesen die Klage des Mannes gegen seinen Hausratversicherer als unbegründet zurück.
Fehlender Widerstand
Nach Ansicht der Richter wurde der Tatbestand eines versicherten Raubes nicht erfüllt. Denn dazu hätte der Täter die Handtaschen unter Überwindung von Widerstand wegnehmen müssen. Wirklichen Widerstand hatte die Ehefrau des Klägers jedoch nicht geleistet. Sie hatte sowohl der Polizei als auch den Richtern gegenüber angegeben, die eigentliche Tat wegen ihres Schlafs erst mitbekommen zu haben, als sich der Täter der Taschen bemächtigte.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt aber dann keine Gewaltanwendung im Sinne des Raubtatbestandes vor, wenn ein Täter durch Ausnutzung eines Überraschungsmoments einer von ihm erwarteten Widerstandsleistung zuvorkommt, so die Richter.
Von einem solchen Tatbestand war nach Überzeugung beider Instanzen auszugehen. Denn es liege auf der Hand, dass eine Person nach einem Erwachen aus einem kurzen Schlaf noch benommen und nicht wirklich zu Widerstand fähig sei. Der aber wäre nötig gewesen, um den Tatbestand eines versicherten Raubes zu erfüllen.
Das Kölner Landgericht sah keine Veranlassung, eine Revision gegen seine Entscheidung zuzulassen.
(Quelle VersicherungsJournal 23.10.2015)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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