19.10.2015
Streich unter Schülern mit fatalen Folgen

Ein Schüler, der sich verletzt, weil ihm ein Mitschüler den Stuhl weggezogen hat, hat in der Regel keinen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes. Das hat das Amtsgericht Hannover mit Urteil vom 28. Juli 2015 entschieden (465 C 15083/14).
Der nicht auszurottende Schülerscherz, einem Mitschüler in dem Augenblick den Stuhl wegzuziehen, in dem dieser sich setzen will, war auch dem Kläger zum Verhängnis geworden.
Mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus
Doch während ein derartiger Scherz in der Regel allenfalls mit einer Rauferei endet, hatte er im Fall des Klägers deutlich weitreichendere Folgen. Der 15-jährige Realschüler stürzte nämlich dermaßen unglücklich, dass er unter starken Schmerzen litt und nicht mehr aufstehen konnte. Er wurde daher mit einem Rettungswagen in ein Krankenhaus eingeliefert.
Weil er zum an der sogenannten „Bluter-Krankheit“ leidet, durfte er die Klinik erst nach drei Tagen verlassen. Seine Beschwerden waren damit aber noch nicht geheilt. Er konnte sich für längere Zeit auch nicht ansatzweise schmerzfrei bewegen. Das hatte unter anderem zur Folge, dass er einen bereits gebuchten Osterurlaub absagen musste.
Der Neuntklässler verklagte den „Stuhlwegzieher“ daher auf Zahlung eines Schmerzensgeldes. Ohne Erfolg. Das Amtsgericht Hannover wies die Klage als unbegründet zurück.
Fehlender Vorsatz
Nach Ansicht des Gerichts gehören gegenseitige Verletzungshandlungen von Schülern durch Raufereien oder übermütiges und bedenkenloses Handeln während der Abwesenheit der Lehrer zum Schulalltag. In der Regel geschehe das nicht mit der Absicht, dem anderen ernsthaft schaden zu wollen.
Komme es trotzdem zu folgenreicheren Verletzungen, so sei es Sache des gesetzlichen Unfallversicherers, einen zu Schaden gekommenen Schüler vor langwierigen finanziellen Folgen zu bewahren. Ebenso wie im beruflichen Umfeld bestehe in derartigen Fällen gegenüber diesem jedoch kein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes.
Das müsse allenfalls der Schädiger, im entschiedenen Fall also der „Stuhlwegzieher“, zahlen und zwar auch nur dann, wenn er vorsätzlich gehandelt habe.
Nach Überzeugung des Gerichts bezog sich die vorsätzliche Handlung im Fall des Klägers allerdings nur auf das Wegziehen des Stuhls, nicht aber darauf, ihm einen Gesundheitsschaden zufügen zu wollen. Die Klage hatte daher keinen Erfolg.
Vergleichbare Entscheidung
Schmerzensgeld-Forderungen von Schülern gegen Mitschüler landen regelmäßig vor Gericht. Dabei ist die Chance, den Anspruch erfolgreich durchsetzen zu können, eher gering.
So hat zum Beispiel das Oberlandesgericht Hamm im April 2014 in einem ähnlich gelagerten Fall ebenfalls zu Ungunsten eines verletzten Schüler entschieden (VersicherungsJournal 12.9.2014).
(Quelle VersicherungsJournal 30.07.2015)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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