Rutscht ein Besucher eines Supermarktes in einer Pfütze aus, weil er einem plötzlich zurücktretenden anderen Kunden ausweichen muss, so kann nicht dieser, sondern der Betreiber des Marktes für die Folgen des Unfalls zur Verantwortung gezogen werden. Das geht aus einem Urteil des Amtsgerichts Berlin Schöneberg vom 17. April 2015 hervor (Az.: 17 C 113/14).
Die Klägerin hatte zusammen mit ihrem Ehemann an einem regnerischen Tag einen Supermarkt aufgesucht.
Im Bereich der Flaschenregale musste sie einem anderen Kunden ausweichen, der unvermittelt einen Schritt nach hinten gemacht hatte. Bei diesem Ausweichmanöver rutschte die Klägerin auf einer am Boden befindlichen Pfütze aus. Sie stürzte rittlings gegen einen Korb aus Metallgeflecht, um schließlich hart mit ihrem Kinn auf den Fußboden aufzuschlagen.
Bei dem Unfall erlitt die Klägerin Hautverletzungen sowie mehrere Hämatome. Wegen einer scharfen Kante des Metallkorbes wurde außerdem ein Teil ihrer Kleidung zerrissen.
Vorwurf fehlender Kontrolle
Eine Kundin des Supermarktes übernahm die Erstversorgung der Verletzten, indem sie mit einem herbeigeholten Tiefkühlfisch den Blutfluss linderte und die beginnenden Schwellungen kühlte.
Eine herbeigerufene Mitarbeiterin des Supermarktes traf erst mehrere Minuten später am Ort des Geschehens ein und hielt der hilfsbereiten Kundin vor, dass sie für die Erstversorgung einen billigeren Tiefkühlfisch hätte nehmen sollen.
Die Klägerin warf dem Betreiber des Supermarktes vor, dass er es angesichts der Witterungsverhältnisse unterlassen habe, den Fußboden auf rutschige Stellen hin kontrollieren zu lassen. Sie verklagte ihn daher wegen der Verletzung seiner Verkehrssicherungs-Pflicht auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld.
Schutzbehauptung
Vor Gericht verteidigte sich der Beklagte damit, dass nicht er, sondern der unaufmerksame Kunde, der unvermittelt zurückgetreten war, für den Unfall verantwortlich sei. Im Übrigen habe durchaus eine regelmäßige Kontrolle des Fußbodens stattgefunden.
Dieser Argumentation wollte sich das Schöneberger Amtsgericht jedoch nicht anschließen. Es gab der Klage der Verletzten statt. Nach Meinung des Gerichts sind die Betreiber von Ladengeschäften insbesondere an Regentagen dazu verpflichtet, im Rahmen regelmäßiger Kontrollgänge dafür zu sorgen, dass mögliche Glättestellen wie Pfützen beseitigt werden.
Dieser Verpflichtung ist der Supermarktbetreiber jedoch nicht nachgekommen. Denn wie sich bei der Befragung von Zeugen herausstellte, hatten die von ihm behaupteten Kontrollen nicht stattgefunden. Es hatte sich vielmehr um eine ins Blaue hinein geäußerte Schutzbehauptung gehandelt.
Übliches Geschehen
Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Sturz der Klägerin durch den zurücktretenden Kunden verursacht wurde. Denn Ausweichmanöver zum Zweck der Vermeidung von Kollisionen mit anderen Kunden gehören nach Ansicht des Gerichts in belebten Supermärkten zum üblichen Geschehen, ohne dass deswegen den Beteiligten der Vorwurf grober Unachtsamkeit gemacht werden könne.
In dem entschiedenen Fall kam hinzu, dass es ungeklärt blieb, ob es zu einer Berührung zwischen der Klägerin und dem zurücktretenden Kunden gekommen war. Das Gericht ging daher davon aus, dass die Klägerin ausschließlich der Pfütze wegen gestürzt ist. Für deren nicht rechtzeitige Beseitigung war aber der Betreiber des Supermarktes verantwortlich.
(Quelle VersicherungsJournal 23.04.2015)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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