22.06.2015
Die Beifahrerin, die Autotür und die erhöhte Bordsteinkante

Ein Fahrzeugführer, der einen Beifahrer aussteigen lassen will und dabei an einem besonders hohen Bordstein anhält, ist für einen dabei entstehenden Lackschaden an der Beifahrertür weitgehend selbst verantwortlich. Das geht aus einem Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 18. Dezember 2014 hervor (Az.: 9 S 134/14).
Geklagt hatte ein Fahrzeughalter, der seine Beifahrerin an einer Bushaltestelle hatte aussteigen lassen. Als die Frau die Tür öffnete, geriet diese mit der Unterkante mit dem Bordstein in Kontakt. Den dadurch entstandenen Lackschaden verlangte der Kläger von der Beifahrerin ersetzt.
Verschulden der Beifahrerin?
In dem sich anschließenden Rechtsstreit stritt man sich nicht nur um die Wahl der Reparaturmethode und die Höhe der Reparaturkosten, sondern auch darum, ob und wenn ja mit welchem Anteil die Beifahrerin für den Schaden verantwortlich war.
Das in der ersten Instanz mit dem Fall befasste Amtsgericht kam zu dem Ergebnis, dass die beklagte Beifahrerin ganz überwiegend für den Vorfall verantwortlich war. Diese habe den Schaden durch das Öffnen der Tür fahrlässig verursacht.
Den Kläger treffe allenfalls aus der Betriebsgefahr seines Fahrzeugs eine Mitverantwortung. Die bemaß das Gericht mit 20 Prozent.
Sache des Fahrers
Doch dem wollte das in Berufung mit dem Fall befasste Wuppertaler Landgericht nicht folgen. Es stimmte der Vorinstanz zwar bei der Bemessung der Schadenhöhe zu. Zur Haftungsquote hatten die Richter jedoch eine völlig andere Meinung.
Nach Ansicht der Richter ist dem Kläger nicht nur die Betriebsgefahr seines Fahrzeuges anzurechnen. Denn schließlich war er es, der eigenverantwortlich denjenigen Ort bestimmt hat, an welchem er sein Fahrzeug anhalten wollte und an dem die Beklagte aussteigen sollte. Es oblag folglich ihm, hierfür eine Stelle zu wählen, an der ein für Mensch und Fahrzeug gefahrloses Aussteigen möglich war.
„Die Beklagte konnte als Beifahrerin diese Entscheidung nur sehr bedingt überprüfen. Insbesondere widerspricht es jeder Lebenserfahrung, von einem Beifahrer zu verlangen, die Tür jeweils so langsam zu öffnen, dass ein Anstoß mit dem Bordstein nicht zu einer (minimalen) Beschädigung führt“, so das Gericht.
Geringes Mitverschulden
Üblicherweise bestehe beim Aussteigen nämlich allenfalls die Gefahr, dass die Tür gegen ein seitlich des Fahrzeugs befindliches Hindernis stößt, wie zum Beispiel ein anderes Fahrzeuge oder einen Poller, während der Luftraum zum Bordstein in der Regel ausreicht.
Hält aber ein Fahrer wie in dem entschiedenen Fall an einer Bushaltestelle mit einer erhöhten Bordsteinkante, so ist es in erster Linie er, den wegen der fehlerhaften Auswahl der Anhaltestelle beziehungsweise wegen eines unterlassenen Hinweises auf die besonderen beim Öffnen der Tür bestehenden Gefahren ein überwiegendes Verschulden trifft.
Das Verschulden der Beifahrerin sah das Gericht hingegen als eher gering an. Sie muss sich mit lediglich 30 Prozent an dem Schaden des Klägers beteiligen. Das Gericht sah keine Veranlassung, eine Revision gegen seine Entscheidung zuzulassen.
(Quelle VersicherungsJournal 02.03.2015)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
juergenzwilling@auc-zwilling.de ursulazwilling@auc-zwilling.de