16.02.2015
Streit wegen Ärztepfusch

Ein Arzt, der einen Patienten nur oberflächlich untersucht, ist zur Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld verpflichtet, wenn dadurch ein ernsthaftes Leiden zu spät erkannt wird. Das geht aus einem am Mittwoch veröffentlichten Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 31. Oktober 2014 hervor (Az.: 26 U 173/13).
Die Klägerin hatte ihre Hausärztin wegen Schmerzen im Rücken und in der linken Gesäßhälfte aufgesucht. Nach einer kurzen Untersuchung kam die Ärztin zu dem Ergebnis, dass die Klägerin unter Ischias-Beschwerden leide. Sie verordnete der Klägerin daher ein Schmerzmittel und verabreichte ihr eine Spritze.
Falscher Befund
Die Diagnose war jedoch fehlerhaft. Als sich die Klägerin drei Tage später wegen massiver Beschwerden in ein Krankenhaus begab, wurde festgestellt, dass sie unter anderem unter einer massiven Gewebeentzündung im Bereich ihres Gesäßes litt.
Bei einer Notoperation musste daher ein Teil des Schließmuskels entfernt werden. Dadurch war das Leiden der Klägerin jedoch noch nicht beendet. Denn in der Folgezeit wurden fünf Nachoperationen erforderlich.
Daraufhin verklagte sie die Ärztin auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld. Ihr Argument: Ihr wäre viel Leid erspart worden, wenn ihre Hausärztin sie nicht nur oberflächlich, sondern umfassend untersucht hätte. Denn sie leide unter fortdauernden Wundschmerzen sowie einer Stuhlinkontinenz mit damit einhergehenden psychischen Belastungen.
Pfusch
Das Oberlandesgericht schloss sich der Meinung der Klägerin an, dass ihre Hausärztin gefuscht hatte. Das Gericht sprach ihr daher unter anderem ein Schmerzenzgeld in Höhe von 22.000 Euro zu.
Die Richter zeigten sich davon überzeugt, dass die Hausärztin die Klägerin nicht umfassend genug untersucht hatte. Nach Meinung eines vom Gericht befragten Sachverständigen hätte nämlich allein schon durch Betasten der Analregion der Klägerin die Gewebeentzündung im Gesäßbereich festgestellt werden können.
Eine derartige Entzündung nicht zu erkennen, stellt nach Ansicht des Gerichts einen groben Befunderhebungsfehler dar.
Die Richter stellten zwar nicht in Abrede, dass die Klägerin so oder so hätte operiert werden müssen. Angesichts des Fehlers der Hausärztin sei jedoch zugunsten der Klägerin davon auszugehen, dass die Operation weniger schwerwiegend ausgefallen wäre, wenn sie drei Tage früher stattgefunden hätte. Denn dann wäre möglicherweise der Schließmuskel nicht in Mitleidenschaft gezogen und die Klägerin in vollem Umfang geheilt worden.
(Quelle VersicherungsJorunal 05.12.2014)

Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
juergenzwilling@auc-zwilling.de ursulazwilling@auc-zwilling.de