18.08.2014
Rechtsstreit um Anwaltskosten

Ein Schädiger beziehungsweise dessen Haftpflichtversicherer muss die Kosten für die Beauftragung eines Rechtsanwalts durch den Geschädigten nur dann nicht übernehmen, wenn es sich eindeutig um einen sogenannten einfach gelagerten Fall handelt. Das hat das Amtsgericht Stuttgart mit Urteil vom 26. März 2014 entschieden (Az.: 42 C 4743/13).
Dem Urteil lag die Klage eines pharmazeutischen Betriebes zugrunde, dessen Firmenfahrzeug in einen Unfall verwickelt worden war.
Verstoß gegen Schadenminderungs-Pflicht?
Das Auto des Beklagten war bei einem Überholvorgang ins Schleudern geraten, gegen eine Leitplanke geprallt, um anschließend auf die Fahrspur zu schleudern, auf dem sich das klägerische Fahrzeug befand. Dort kam es dann zu einer Kollision beider Fahrzeuge.
Die Klägerin beauftragte kurz nach dem Unfall einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen, zumal zu diesem Zeitpunkt nicht auszuschließen war, dass ihr Fahrer möglicherweise eine Unfallverletzung davongetragen hatte.
Der Versicherer des Unfallgegners erklärte sich zwar dazu bereit, in vollem Umfang für die Folgen des Unfalls aufzukommen. Er weigerte sich jedoch, die Anwaltskosten zu übernehmen. Nach seiner Meinung war nämlich dessen Beauftragung nicht erforderlich.
Denn es habe sich um einen sogenannten „einfach gelagerten Fall“ gehandelt. Die Klägerin habe durch die Einschaltung des Anwalts daher gegen ihre Schadenminderungs-Pflicht gemäß § 254 Absatz 2 BGB verstoßen.
Zweckmäßig und erforderlich
Dem wollte sich das Stuttgarter Amtsgericht jedoch nicht anschließen. Es gab der Klage des pharmazeutischen Betriebes auf die Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren zuzüglich Zinsen statt.
Nach Ansicht des Gerichts gehören zu den Schadenpositionen, die ein Schädiger einem Geschädigten gemäß § 249 BGB zu erstatten hat, grundsätzlich auch Kosten der Rechtsverfolgung und somit auch vorgerichtliche Anwaltskosten.
Voraussetzung ist lediglich, dass die Beauftragung eines Rechtsanwalts zweckmäßig und erforderlich war. An einem derartigen Erfordernis fehlt es, wenn es sich um einen einfach gelagerten Fall handelt, der Geschädigte geschäftlich erfahren ist und die Schadenregulierung nicht verzögert wird.
Eine Pflicht zur Erstattung der Anwaltskosten besteht außerdem auch nicht, wenn aus Sicht des Geschädigten kein vernünftiger Zweifel daran bestehen kann, dass der Schädiger beziehungsweise sein Versicherer ohne Weiteres seiner Ersatzpflicht nachkommen wird – und zwar sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach.
Alter Streit
Von einem solchen einfach gelagerten Fall ging das Gericht jedoch nicht aus. Denn angesichts des Unfallhergangs musste die Klägerin nicht von vornherein annehmen, dass der Versicherer des Unfallgegners seiner Einstandspflicht nachkommen werde, ohne Einwände zu erheben.
Das galt insbesondere für Schadenpositionen wie Vorhalte- und Betriebskosten sowie der nicht auszuschließenden Tatsache, dass der Fahrer der Klägerin möglicherweise Unfallverletzungen davongetragen hatte.
Als pharmazeutisches Unternehmen war die Klägerin außerdem nicht mit der Abwicklung derartiger Schadenfälle vertraut. Sie hat folglich nicht gegen ihre Schadenminderungs-Pflicht verstoßen, als sie einen Anwalt mit der Vertretung ihrer Interessen beauftragte.
In vergleichbaren Fällen sind sowohl das Landgericht Mannheim als auch das Amtsgericht Frankfurt zu der gleichen Einschätzung wie das Stuttgarter Amtsgericht gelangt (VersicherungsJournal 13.8.2007, 30.5.2011).
(Quelle VersicherungsJournal 13.05.2014)

Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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