19.05.2014
Wenn ein Reisender nicht mehr leben will

Wer während einer Auslandsreise nach einem Selbstmordversuch ärztlich behandelt werden muss, kann die Kosten nicht auf seinen Auslandsreise-Krankenversicherer abwälzen. Das hat die zweite Zivilkammer des Landgerichts Dortmund mit Urteil vom 16. Januar 2014 entschieden (Az.: 2 O 309/13).
Wie die Deutsche Anwaltshotline berichtet, hatte die Klägerin wenige Tage nach Ankunft in einem mexikanischen Hotel versucht, sich durch Aufschneiden der Pulsadern das Leben zu nehmen. Grund dafür war der erst ein halbes Jahr zurückliegende Tod ihres Ehemannes, den die Klägerin nicht verwinden konnte.
Es war nur der schnellen Reaktion des Hotelpersonals zu verdanken, dass ihr auf der Intensivstation eines Krankenhauses das Leben gerettet und sie nach einer Woche entlassen werden konnte.
Streit um 8.300 Euro
Die Kosten für die medizinische Versorgung in Höhe von rund 8.300 Euro machte die Frau gegenüber ihrem Auslandsreise-Krankenversicherer geltend. Der bestritt jedoch, dass es sich bei dem Suizidversuch um ein versichertes Ereignis gehandelt hatte. Denn vorsätzliche Gesundheitsschädigungen seien nicht versichert. Er weigerte sich daher, der Klägerin die Behandlungskosten zu erstatten.
Ihre gegen den Versicherer eingereichte Klage begründete die Frau damit, dass der in den Versicherungs-Bedingungen enthaltene Ausschluss für „auf Vorsatz beruhende Unfälle und deren Folgen“ in ihrem Fall nicht greife.
Sie sei nämlich fest dazu entschlossen gewesen, aus dem Leben zu scheiden. Ihr Vorsatz habe sich folglich auf den Eintritt des Todes bezogen, nicht aber auf die dadurch notwendig werdenden Verletzungen in Form des Aufschneidens ihrer Pulsadern. Dabei habe es sich nämlich lediglich um ein Durchgangsstadium gehandelt.
Doch das konnte die Richter des Dortmunder Landgerichts nicht überzeugen. Sie wiesen die Klage als unbegründet zurück.
Eindeutiger Wortlaut
Die Richter stimmten zwar mit der Klägerin darin überein, dass der Begriff des Unfalls im Rahmen der Versicherungs-Bedingungen einer Reisekranken-Versicherung nicht definiert ist. Das heißt aber nicht, dass deswegen zum Beispiel die Definition aus der Unfallversicherung übernommen werden kann.
Nach Ansicht des Gerichts ist der Begriff des Unfalls vielmehr unabhängig von Unfalldefinitionen in anderen Versicherungszweigen unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Krankenversicherung auszulegen. Danach bestand für die Folgen des Suizidversuchs der Klägerin kein Versicherungsschutz. Denn sie hat sich die Pulsadern vorsätzlich aufgeschnitten und damit das Ereignis auch vorsätzlich im Sinne der Versicherungs-Bedingungen herbeigeführt.
Da vorsätzliche Gesundheitsschädigungen nach dem eindeutigen Wortlaut der Bedingungen nicht versichert sind, hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Erstattung der Behandlungskosten.
Das Urteil steht im Wortlaut auf den Internetseiten des Gerichts zur Verfügung.
(Quelle VersicherungsJournal 18.03.2014)

Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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