28.04.2014
Streit um Behandlungsfehler

Ein Zahnarzt, der sich bei der Erhebung eines Befundes allein auf ein von ihm angefertigtes Röntgenbild verlässt, begeht einen groben Behandlungsfehler, der einen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld auslösen kann. Das geht aus einem kürzlich veröffentlichten Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 8. November 2013 hervor (Az.: 26 U 51/13).
Die Klägerin hatte Anfang Dezember 2008 ihren langjährigen Zahnarzt wegen Zahnbeschwerden im Frontbereich ihres Oberkiefers aufgesucht. Dieser veranlasste eine Röntgenaufnahme, ohne jedoch eine weitere Untersuchung der schmerzenden Zähne durchzuführen.
Unnötig lange Leidenszeit
Nachdem die Beschwerden in der Folgezeit nicht wirklich nachließen, wurde im Februar 2009 eine Entzündung des Zahnmarks der Klägerin festgestellt, die zahnärztlich versorgt wurde. Zwei Zähne im Oberkiefer konnten jedoch nicht erhalten werden. Sie wurden mit einer Wurzelfüllung versorgt.
Nach Meinung der Klägerin wäre diese schmerzhafte Prozedur nicht erforderlich gewesen und ihre Leidenszeit um zwei Monate verkürzt worden, wenn ihr Zahnarzt bei der Behandlung im Dezember eine Vitalitätsprüfung der schmerzenden Zähne durchgeführt hätte. Denn dann wären die Zähne zu retten gewesen.
Sie verklagte den Zahnarzt daher auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 3.500 Euro. Mit Erfolg. Der 26. Zivilsenat des Hammer Oberlandesgerichts gab der Klage in vollem Umfang statt.
Grober Behandlungsfehler
Nach Anhörung eines zahnmedizinischen Sachverständigen kamen die Richter zu dem Ergebnis, dass dem Zahnarzt bei der Erstbehandlung ein grober Fehler unterlaufen war, als er sich für seine Diagnose ausschließlich auf das Röntgenbild verließ. Daraus habe er nämlich keine ausreichenden Schlüsse ziehen können.
Denn ein Röntgenbild stelle erst dann Auffälligkeiten dar, wenn eine Entzündung bereits den Knochen angegriffen hat. Der Beklagte hätte daher zusätzlich eine Vitalitätsprüfung durchführen sowie einen Perkussionsbefund erstellen müssen. Das aber habe er unterlassen.
Der Zahnarzt kann sich auch nicht darauf berufen, dass es so oder so zu der Entzündung des Zahnmarks gekommen wäre. Denn wegen seines groben Behandlungsfehlers trägt er die Beweislast dafür, dass sich der weitere Krankheitsverlauf auch bei einer richtigen Befunderhebung und einer sodann erfolgten Behandlung nicht positiv geändert hätte.
(Quelle VersicherungsJournal 07.02.2014)

Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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