Kommt es zu einer Kollision zwischen einem Personenkraftwagen und einem Rettungsfahrzeug, weil der Pkw-Fahrer aus eigenem Verschulden weder das Martinshorn noch das Blaulicht rechtzeitig wahrgenommen hat, so können je nach den Umständen des Einzelfalls beide Fahrzeugführer zu gleichen Teilen für den Unfall verantwortlich sein. Das geht aus einem Urteil des Amtsgerichts Villingen-Schwenningen vom 16. April 2013 hervor (Az.: 5 C 508/12).
Nach einem Bericht des Deutschen Anwaltvereins war der Kläger bei winterlichen Verhältnissen mit seinem Personenkraftwagen unterwegs, als sich ihm von hinten ein im Einsatz befindliches Rettungsfahrzeug näherte.
Verschneite Heckscheibe
Weil auf der Heckscheibe seines Fahrzeugs Schnee lag, konnte er das im Bereich des Kühlers angebrachte Blaulicht des Rettungswagens im Rückspiegel nicht wahrnehmen. Auch das Martinshorn konnte er nicht hören. Denn dazu war die in maximaler Stufe arbeitende Lüftung seines Autos zu laut.
Als er das Einsatzfahrzeug schließlich doch bemerkte, fuhr er in einem Kreisverkehr an die Seite. Er wurde daraufhin von dem Rettungswagen überholt. Doch weil sein Auto noch nicht ganz stand, kam es zu einer Kollision der beiden Fahrzeuge.
Mit dem Argument, dass ihn der Fahrer des Einsatzfahrzeugs erst nach Stillstand seines Fahrzeugs hätte überholen dürfen, verlangte er den Ersatz des ihm durch den Unfall entstandenen Schadens. Damit hatte er vor dem Amtsgericht Villingen-Schwenningen teilweise Erfolg. Das Gericht gab seiner Klage in Höhe von 50 Prozent statt.
Beiderseitiges Verschulden
Nach Ansicht des zuständigen Richters sind sowohl der Kläger als auch der Fahrer des Rettungswagens zu gleichen Teilen für den Unfall verantwortlich. Im Verantwortungsbereich des Klägers liegt es, dass er die Heckscheibe seines Fahrzeugs vor Antritt der Fahrt nicht von Eis und Schnee befreit hatte und die Lüftung auf eine so hohe Stufe eingestellt war, dass er das Einsatzfahrzeug viel zu spät bemerkt hat.
Aber auch dessen Fahrer ist in erheblichem Umfang für den Unfall verantwortlich. Er war nämlich dazu verpflichtet, das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer zu beobachten und sie erst zu überholen, wenn sichergestellt war, dass sie das Fahrzeug bemerkt hatten und ihn vorbeilassen würden.
Davon konnte der Fahrer im Fall des Klägers jedoch nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgehen. Denn nachdem dieser ihn längere Zeit ganz offenkundig nicht wahrgenommen hatte, hätte er dessen Fahrzeug erst überholen dürfen, nachdem es zum Stillstand gekommen wäre.
(VersicherungsJournal 28.10.2013)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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