18.11.2013
Streit um die Erstattung von Anwaltsgebühren

Weist ein Kfz-Haftpflichtversicherer einen Geschädigten darauf hin, dass er eine für die Reparaturwerkstatt dringend benötigte Kostenübernahme-Erklärung erst nach Eingang der Schadenanzeige abgeben könne, so liegt kein Verstoß gegen die Schadenminderungs-Pflicht vor, wenn der Geschädigte einen Anwalt beauftragt. Das geht aus einem jetzt bekannt gewordenen Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 29. August 2012 hervor (Az.: 6 S 105/12).

Der Kläger war mit seinem Personenkraftwagen an einem Sonntag unverschuldet in einen Unfall verwickelt worden.
Voreilig?

Einen Tag später setzte er sich telefonisch mit dem Versicherer des Unfallverursachers in Verbindung. Der Sachbearbeiter sagte ihm, dass er eine für die Werkstatt benötigte Kostenübernahme-Erklärung nicht abgeben könne, weil noch keine Schadenanzeige des Versicherten vorliegen würde.

Die gleiche Auskunft wurde dem Kläger sowohl am Dienstag als auch am Mittwoch erteilt. Nachdem er bei einem weiteren Versuch zwei Tage später noch immer keine Zusage erhalten hatte, beauftragte er einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen.

Der Versicherer hielt die Beauftragung des Anwalts für voreilig. Nach Eingang der Schadenanzeige seines Versicherten erklärte er sich zwar dazu bereit, den Schaden zu regulieren. Er weigerte sich jedoch, die von dem Anwalt in Rechnung gestellten Kosten zu übernehmen. Durch dessen Beauftragung habe der Kläger nämlich gegen seine Schadenminderungs-Pflicht gemäß § 254 Absatz 2 BGB verstoßen.
Nachvollziehbarer Wunsch

Doch dem wollte sich das Chemnitzer Landgericht nicht anschließen. Es gab der Klage des Geschädigten auf Erstattung der Anwaltskosten statt.

Nach Ansicht der Richter ist nachvollziehbar, dass der Kläger verunsichert war, als ihm wiederholt erklärt wurde, dass es mangels einer Schadenanzeige zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich sei, die für die Werkstatt benötigte Erklärung abzugeben.

Der Kläger war daher nach seinen gescheiterten Bemühungen dazu berechtigt, einen Anwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen zu beauftragen.
Keine Revision zugelassen

„Bedenkt man weiterhin, dass der Schadensachbearbeiter in seiner erstinstanzlichen Vernehmung aussagte, dass er dem Kläger mitgeteilt habe, dass er bei Schwierigkeiten die Möglichkeit habe, einen Rechtsanwalt einzuschalten, spricht dies auch dafür, dass der Kläger sich herausgefordert fühlen durfte, einen Rechtsanwalt einzuschalten“, so das Gericht in seiner Urteilsbegründung.

Es kommt hinzu, dass der Kläger unmittelbar vor der Beauftragung des Anwalts einen letzten Versuch unternommen hatte, eine definitive Zusage zu erhalten. Die wurde ihm jedoch verweigert. Der Versicherer hat die von dem Anwalt berechneten Kosten daher zu übernehmen.

Das Gericht sah keine Veranlassung zur Zulassung einer Revision. Die Entscheidung ist nach Informationen der Redaktion inzwischen rechtskräftig.

(Quelle VersicherungsJournal 27.08.2013)

Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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