Ist eine wenige Zentimeter aus der Pflasterung herausragende Umrandung eines Kellerschachts deutlich zu erkennen, so kann ein Hausbesitzer nicht zur Verantwortung gezogen werden, wenn ein Passant über die Umrandung stolpert. Das geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 30. Oktober 2012 hervor (Az.: I-24 U 38/12).
Die Klägerin hatte sich während eines schweren Unwetters mit Sturm und starkem Regen in einem Kiosk Tabak gekauft.
Eingestandenes Mitverschulden
Auf dem Rückweg zu ihrem Auto suchte sie an der Front eines dem Kiosk gegenüberliegenden ehemaligen Sportgeschäftes Schutz. Dabei stolperte sie über eine drei Zentimeter aus dem Boden herausragende Umrandung eines Kellerschachts.
Wegen der dabei erlittenen Verletzungen verlangte sie von dem Gebäudebesitzer die Zahlung eines Schmerzensgelds. Denn nach ihrer Meinung hätte dieser die Umrandung entweder beseitigen oder vor ihr warnen müssen.
Weil sie eingestehen musste, dass der Sturz zum Teil auch auf ihre Unachtsamkeit zurückzuführen war, erklärte sich die Klägerin dazu bereit, sich ein hälftiges Mitverschulden anrechnen zu lassen.
Mit ihrer gegen den Gebäudebesitzer eingereichten Klage hatte die Frau zunächst Erfolg. Das Landgericht Münster zeigte sich davon überzeugt, dass der Beklagte seine Verkehrssicherungs-Pflicht verletzt hat, weil die Umrandung des Kellerschachts nicht der Höhe des ihn umgebenden Pflasters entsprach. Denn insbesondere im Bereich von (ehemaligen) Läden müssten Passanten nicht mit derartigen Stolperfallen rechnen.
Keine Pflichtverletzung
Doch dem wollten sich die Richter des von dem Hausbesitzer in Berufung angerufenen Oberlandesgerichts Hamm nicht anschließen. Sie wiesen die Schmerzensgeldklage als unbegründet zurück.
Nach Ansicht des Gerichts besteht der Zweck der Verkehrssicherungs-Pflicht nicht darin, Passanten vor jeder denkbaren Gefahr zu schützen. Ein Verkehrssicherungs-Pflichtiger hat daher nur einen Sicherheitsstandard zu schaffen und einzuhalten, der bei Berücksichtigung der jeweils gegebenen Verhältnisse und der Art und Weise des in Frage kommenden Verkehrs allgemein erwartet werden kann.
Von diesen Grundsätzen ausgehend ist dem Beklagten nach Überzeugung der Richter keine Pflichtverletzung vorzuwerfen. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war der Kellerschacht, über dessen Umrandung die Klägerin gestolpert ist, trotz Dunkelheit und der widrigen Witterungsverhältnisse wegen einer in dem Bereich befindlichen Straßenlaterne deutlich zu erkennen.
Dumm gelaufen
Die Umrandung hob sich außerdem farblich von der sie umgebenden Pflasterung ab. „Auch die dahinter befindlichen Kellerfenster ragten aus dem Niveau der Pflasterung heraus und sorgten so für eine deutlich erkennbare Aussparung in dem weiß verputzten Sockel der Hauswand, vor der die jeweiligen Lichtschachtgitter angebracht waren. Diese Aussparung war als dunkle Fläche im hellen Putz zu erkennen und entfaltete eine zusätzliche Signalwirkung für die davor befindliche Fläche“, so das Gericht.
Nach all dem durfte sich der Beklagte nach Ansicht der Richter darauf verlassen, dass Passanten bei zumutbarer Wahrung ihrer eignen Sicherheitsinteressen die Umranden nicht übersehen werden. Er war daher zu keinen Sicherheitsmaßnahmen verpflichtet.
Mit anderen Worten: Die Klägerin hat sich den Unfall selbst zuzuschreiben. Denn bei ausreichender Aufmerksamkeit wäre es zu dem Unfall nicht gekommen. Zudem bestand für die Klägerin keine von dem Beklagten zu vertretende Notwendigkeit, den Gehweg zu verlassen, um im Schutz des Hauses zu ihrem Fahrzeug zu gelangen. Ihre Schmerzensgeldklage blieb daher ohne Erfolg. Die Richter sahen keinen Grund, eine Revision zuzulassen.
(Quelle VersicherungsJournal 28.08.2013)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
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