19.7.2013 – Hat sich nach der Ablehnung eines Rentenantrages wegen einer Gesetzesänderung die Rechtslage zu Gunsten eines Antragsstellers geändert, so ist die Deutsche Rentenversicherung Bund dazu verpflichtet, den Betroffenen von sich aus auf die Änderung hinzuweisen. Das geht aus einem am Mittwoch veröffentlichten Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 19. Juni 2013 hervor (Az.: S 4 R 403/10).
Geklagt hatte eine Frau, die mit ihrer Liebsten in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebte. Nachdem diese im Juni 2003 verstarb, stelle die Klägerin einen Monat später bei der Deutschen Rentenversicherung Bund einen Antrag auf Zahlung einer Hinterbliebenenrente.
Mit dem Argument, dass es für die Zahlung einer derartigen Rente an einer Rechtsgrundlage fehle, wurde der Antrag abgelehnt.
Versäumte Aufklärung
Diese Rechtsgrundlage wurde durch das Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschafts-Rechts knapp eineinhalb Jahre später geschaffen. Denn seit dem 1. Januar 2005 sind eingetragene Lebenspartnerschaften umfassend in die Hinterbliebenen-Versorgung einbezogen.
Davon erfuhr die Klägerin jedoch erst Mitte 2009. Sie stellte daraufhin erneut einen Antrag auf Zahlung einer Hinterbliebenenrente, der rückwirkend ab dem 1. Juni 2008 bewilligt wurde.
Doch das reichte der Klägerin nicht aus. In ihrer gegen den Rentenversicherer eingereichten Klage verlangte sie, dass ihr die Rente rückwirkend ab Inkrafttreten der Neureglung bezahlt werde. Denn aufgrund ihres ersten Rentenantrages sei der Versicherer dazu verpflichtet gewesen, sie auf die Gesetzesänderung hinzuweisen. Dann hätte sie den Antrag nämlich zeitnah gestellt.
Beratungspflicht
Der Rentenversicherer verteidigte sich damit, dass das frühere Rentenverfahren abgeschlossen gewesen sei. Außerdem sei in den Medien über die Gesetzesänderung berichtet worden. Es sei ihm daher nicht anzulasten, dass die Klägerin den Antrag auf Zahlung einer Hinterbliebenenrente erst vier Jahre nach der Neuregelung gestellt habe.
Doch dem wollte sich das Gießener Sozialgericht nicht anschließen. Es gab der Klage der Hinterbliebenen in vollem Umfang statt.
Nach Ansicht des Gerichts wäre die Deutsche Rentenversicherung Bund dazu verpflichtet gewesen, die Klägerin zeitnah nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung darüber zu informieren, dass sie nun einen Anspruch auf Zahlung einer Rente habe.
Denn gemäß § 14 SGB I sind Leistungsträger der gesetzlichen Sozialversicherung dazu verpflichtet, die Versicherten zu beraten. Eine derartige Verpflichtung ergibt sich nach Meinung des Gerichts auch aus § 115 Absatz 6 SBG VI. Nach dieser Vorschrift soll ein Träger der Rentenversicherung die Berechtigten nämlich in geeigneten Fällen darauf hinweisen, dass sie eine Leistung erhalten können, wenn sie diese beantragen.
Vergleichbare Entscheidung
Von einem derartigen Fall ging das Gericht in der zu entscheidenden Sache aus. Denn bei den eingetragenen Lebenspartnerschaften handelt es sich um eine überschaubare Gruppe. Dem Rentenversicherer waren wegen des vorausgegangenen Verfahrens außerdem die relevanten Daten des Falls der Klägerin bekannt. Er hätte daher leicht erkennen können, dass ihr ab dem 1. Januar 2005 eine Rente zustand.
Da der Rentenversicherer eine konkrete Hinweispflicht hatte, kommt es nach Ansicht des Gerichts auch nicht darauf an, dass in den Medien über die Neuregelung berichtet wurde. Denn bei der Verletzung einer derartigen Pflicht kann sich der Versicherungsträger nicht auf Medienberichte berufen, so das Gericht.
Der Rentenversicherer hätte eigentlich vorgewarnt sein müssen. Denn das Münchener Oberlandesgericht hatte bereits im August 2011 entschieden, dass Mitglieder der gesetzlichen Rentenversicherung einen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz haben, wenn im Vorfeld eines Rentenantrages eine Falschberatung erfolgt (VersicherungsJournal 6.9.2011).
(Quelle VersicherungsJournal 19.07.2013)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
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der Verpflichtung beziehungsweise der Möglichkeit zum Selbstausdruck der Bordkarten am eigenen Computer vom Versicherungsschutz ausgenommen. Der Abschluss einer derartigen Versicherung wäre daher in Fällen wie denen des Klägers weitgehend unsinnig.
(Quelle VersicherungsJournal 22.07.2013)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
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