02.09.2013
Haftungsfrage nach Kinderunfall

Ein elfjähriges Kind, das von einem Auto erfasst wird, weil es bei Dunkelheit zwischen parkenden Fahrzeugen hindurch auf die Fahrbahn in Richtung einer auf der anderen Straßenseite befindlichen Kindergruppe läuft, ist unter bestimmten Umständen allein für die Unfallfolgen verantwortlich. Dies gilt zumindest dann, wenn der Autofahrer mit nur 20 bis 30 km/h unterwegs war und er das Kind nicht bemerken konnte. Das geht aus einem Beschluss des Oberlandesgerichts Naumburg vom 9. Januar 2013 hervor (Az.: 10 U 22/12).

Nach einem Bericht des Deutschen Anwaltvereins wollte ein elfjähriges Mädchen bei Dunkelheit eine Fahrbahn überqueren, um zu einer auf der anderen Straßenseite wartenden Kindergruppe zu gelangen. Dazu musste es zwischen zwei parkenden Autos hindurchgehen.

Einen herannahenden Personenkraftwagen hatte das Kind zwar nach eigenen Angaben gesehen. Es war jedoch davon ausgegangen, die Straße noch rechtzeitig überqueren zu können.
Alleinige Verantwortung

Dessen Fahrerin hatte wegen der Kindergruppe die Geschwindigkeit ihres Fahrzeugs auf etwa 20 bis 30 km/h reduziert. Sie konnte das plötzlich zwischen den parkenden Autos vor ihr auftauchende Mädchen jedoch unmöglich rechtzeitig wahrnehmen.

Die von den Eltern für ihr Kind erhobene Schmerzensgeld- und Schadenersatzklage wurde vom Naumburger Oberlandesgericht als unbegründet zurückgewiesen. Denn nach Ansicht der Richter ist das Mädchen allein für den Unfall verantwortlich. Die Autofahrerin haftet auch nicht aus der Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs.

Gemäß § 3 (2a) StVO sind Fahrzeugführer zwar dazu verpflichtet, sich gegenüber Kindern, hilfsbedürftigen und älteren Menschen, insbesondere durch Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und durch Bremsbereitschaft, so verhalten, dass eine Gefährdung dieser Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.

Dieser Verpflichtung ist die Autofahrerin jedoch nachgekommen. Denn sie hat nachweislich ihre Geschwindigkeit um gut die Hälfte der erlaubten Höchstgeschwindigkeit reduziert, als sie die Kindergruppe wahrnahm.
Grob verkehrswidrig

Auch die Tatsache, dass sie ihre Aufmerksamkeit auf die Kindergruppe richtete, ist ihr nach Meinung des Gerichts nicht vorzuwerfen. Denn sie musste nicht mit dem weiteren, sich zwischen zwei parkenden Fahrzeugen befindlichen Kind rechnen.

Dem verletzten Kind warfen die Richter hingegen vor, sich grob verkehrswidrig verhalten zu haben. Denn in seinem Alter hätte das Mädchen grundsätzlich wissen müssen, was es tut, und dass es gefährlich und unvernünftig ist, zwischen zwei parkenden Autos vor einem herannahenden Fahrzeug die Fahrbahn zu überqueren.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kommt hinzu, dass sie die anderen Kinder durch Zuruf davon abhalten wollten, die Straße vor dem sich nähernden Auto zu überqueren. Das Mädchen hat sich die Folgen des Unfalls daher selbst zuzuschreiben.

(Quelle VersicherungsJorunal 10.07.2013)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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