22.07.2013
Rechtsstreit um Fettleibigkeit

Die Kosten einer Fettabsaugung müssen von den gesetzlichen Krankenversicherern nur dann nicht übernommen werden, wenn die Maßnahme ambulant durchgeführt wird. Bei einer stationären Behandlung besteht hingegen eine Leistungsverpflichtung. Das geht aus einem gestern veröffentlichten Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 5. Februar 2013 hervor (Az.: L 1 KR 391/12).

Der Entscheidung lag die Klage einer 29-jährigen Frau zugrunde, die an ihren Armen, ihren Beinen und ihrem Gesäß unter einer schmerzhaften Fettgewebsvermehrung (Lipödem) litt.
Temporäre Linderung

Nachdem ihr von ihrem Arzt empfohlen wurde, die Fettansammlungen im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts durch ein Absaugverfahren (Liposuktion) entfernen zu lassen, bat die Klägerin ihre gesetzliche Krankenkasse um Übernahme der dadurch entstehenden Kosten.

Mit der Begründung, dass zur Behandlung von Fettgewebsvermehrungen auch konservative Therapiemöglichkeiten wie zum Beispiel Lymphdrainagen und Maßnahmen zur Gewichtsreduktion zur Verfügung stehen würden, lehnte es der Krankenversicherer ab, eine Kostenzusage zu erteilen.

Die Klägerin zog daher vor Gericht. Ihre Klage begründete sie damit, dass sie die von der Krankenkasse vorgeschlagenen Maßnahmen bereits ausprobiert habe. Diese würden jedoch lediglich zu einer temporären Linderung der Beschwerden führen. Sie habe folglich einen Anspruch auf Übernahme der Behandlungskosten.
Erhebliche Fettmengen

Dem schlossen sich die Richter des Hessischen Landessozialgerichts an. Sie gaben der Klage in vollem Umfang statt.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme litt die Klägerin unter einer Ansammlung dermaßen erheblicher Fettmengen, dass nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie eine stationäre Behandlung erforderlich war.

Denn nach diesen Leitlinien können im ambulanten Bereich maximal zwei Liter reines Fettgewebe abgesaugt werden. Bei der Klägerin waren hingegen drei bis vier Liter Fettmasse pro Behandlung zu entfernen.
Vom Unterschied zwischen einer ambulanten und stationären Behandlung

Nach Ansicht des Gerichts ist es daher auch unerheblich, dass der Gemeinsame Bundesausschuss die Liposuktion nicht positiv bewertet hat. Denn ein positives Votum sei nur für ambulante Behandlungen erforderlich.

„Für den stationären Bereich sind derartige Behandlungsmethoden auf Kosten der Krankenkassen hingegen nur dann ausgeschlossen, wenn eine negative Stellungnahme des Gemeinsamen Bundesausschusses vorliegt. Dies ist hinsichtlich der Liposuktion jedoch nicht der Fall“, erklärte das Gericht.

Im Übrigen habe die Klägerin die Möglichkeiten konservativer Behandlungsmethoden ausgeschöpft, ohne dass es zu einer nachhaltigen Besserung ihrer Beschwerden gekommen sei. Auch den Vorschlag der Krankenkasse, die Beschwerden durch eine konservative Gewichtsreduktion zu beseitigen, ließ das Gericht nicht gelten. Denn dass eine Gewichtsreduktion die lipödem-typischen Fettansammlungen beeinflussen kann, hielten die Richter für wissenschaftlich nicht erwiesen.

Das Gericht hat keine Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.
Regelmäßiger Streit

In der Frage, ob Fettabsaugungen von den gesetzlichen Krankenversicherern übernommen werden müssen, besteht bei den Gerichten keine Einigkeit (VersicherungsJournal 22.3.2013).

Da keine höchstrichterliche Entscheidung in Sicht ist, wird weiterhin Unsicherheit bei den Versicherten und den Krankenkassen herrschen.

(Quelle VersicherungsJournal 25.04.2013)
Quelle VersicherungsJournal 12.02.2013)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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