Verschweigt ein Versicherungsnehmer bei der Antragstellung Umstände, die auch aus seiner Sicht gefahrerheblich seien können, so kann der Versicherer den Vertrag mit Erfolg wegen arglistiger Täuschung anfechten. Das hat das Oberlandesgericht Karlsruhe mit einem am Freitag veröffentlichten Urteil vom 5. Februar 2013 entschieden (Az.: 12 U 140/12).
Der Kläger hatte bei dem beklagten Versicherer im Januar 2001 eine Berufsunfähigkeits-Versicherung beantragt.
Verschwiegene Erkrankungen
Die Frage, ob er in den letzten zehn Jahren an Krankheiten, gesundheitlichen Störungen oder Beschwerden gelitten habe oder leide, beantwortete er mit „Nein“. Auf die Frage nach Arztbesuchen gab er an, kurz vor Antragstellung wegen einer Angina für vier Tage mit Antibiotika behandelt worden zu sein.
Einige Jahre später wollte der Kläger den Versicherer wegen Rückenproblemen in Anspruch nehmen. Doch seinen Antrag auf Zahlung einer Berufsunfähigkeits-Rente von rund 900 Euro pro Monat lehnte der Versicherer ab.
Denn im Rahmen der Prüfung seiner Leistungsverpflichtung stellte sich heraus, dass der Kläger zwischen 1994 und 1999 unter anderem wegen Schulter- und Rückenbeschwerden sowie wegen verschiedener Thrombosen behandelt und teilweise für längere Zeit krankgeschrieben worden war.
Arglistige Täuschung?
Die letzte Behandlung und Krankschreibung hatte noch nicht einmal zwei Jahre vor der Antragstellung stattgefunden. Der Versicherer verweigerte daher nicht nur die Leistungsübernahme. Er focht den Vertrag vielmehr gleichzeitig wegen arglistiger Täuschung an. Denn hätte er bei Antragstellung von den Erkrankungen gewusst, hätte er den Vertrag nicht angenommen, so der Versicherer.
Der Versicherte hielt die Anfechtung für unrechtmäßig. In seiner gegen den Versicherer eingereichten Klage trug er vor, dass angesichts des weitreichenden Abfragezeitraums nicht von ihm erwartet werden könne, sich an alle Vorerkrankungen zu erinnern. Im Übrigen würden Rückenschmerzen, selbst wenn sie zu einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit führen würden, von einem medizinischen Laien nicht als Krankheit angesehen.
Doch das konnte weder die Richter des in der ersten Instanz angerufenen Landgerichts Karlsruhe, noch die des Karlsruher Oberlandesgerichts überzeugen. Die Klage wurde von beiden Instanzen als unbegründet zurückgewiesen.
Was ist arglistige Täuschung?
Nach Ansicht der Richter ist Arglist nicht nur ein Handeln, das von betrügerischer Absicht getragen ist. „Der Begriff umfasst vielmehr auch Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines ‚Fürmöglichhaltens‘ reduziert sind und mit denen kein moralisches Urteil verbunden sein muss.“
Daher ist auch ein bewusstes Nichterwähnen, das einen Versicherer bei der Entscheidung, einen Antrag anzunehmen, beeinflussen kann, als arglistige Täuschung anzusehen.
Das gilt nach Ansicht des Karlsruher Oberlandesgerichts auch für länger zurückliegende Erkrankungen. Denn selbst wenn der Kläger der Meinung gewesen sein sollte, dass Rückenbeschwerden für sich genommen keinen Krankheitswert darstellen, so hätte es sich ihm aufdrängen müssen, dass ein wiederholtes Auftreten solcher Beschwerden für einen Versicherer von erheblicher Bedeutung sein kann.
Keine Revision zugelassen
Für die Arglist des Klägers spricht nach Meinung des Gerichts jedoch in erster Linie die Nichterwähnung seiner wiederholten Thromboseerkrankungen. Denn die haben mehrmals zu einer längeren Arbeitsunfähigkeit geführt, wobei die letzte Krankschreibung bei der Antragstellung noch nicht sehr lange zurücklag.
Der Kläger wäre bei Antragstellung daher auf jeden Fall dazu verpflichtet gewesen, den Versicherer darüber zu informieren. Die Richter sahen keine Veranlassung, eine Revision zum Bundesgerichtshof zuzulassen.
(Quelle VersicherungsJournal 25.02.2013)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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