Wird eine Person, die sich wegen starker, plötzlich auftretender Kopfschmerzen in die Notaufnahme eines Krankenhauses begibt, nicht ausführlich untersucht, so ist die Klinik zur Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld verpflichtet, wenn der Patient kurze Zeit später eine schwere Hirnblutung erleidet. Das geht aus einem am Freitag veröffentlichten Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 9. November 2012 hervor (Az.: I-26 U 142/09).
Der seinerzeit 34-jährige Kläger begab sich im Juli 2005 wegen spontan aufgetretener starker Kopfschmerzen in die Notaufnahme eines Krankenhauses.
Nach einer kurzen Untersuchung wurde er mit der Diagnose „Spannungs-Kopfschmerzen“ und einem Rezept für Schmerzmittel aus der Klinik entlassen.
Pflegefall
Dreizehn Tage später erlitt der Kläger eine schwere Hirnblutung, die ihm zum Pflegefall machte. Dabei stellte sich heraus, dass die Ursache für seine vorangegangenen Kopfschmerzen ebenfalls eine, wenn auch nur leichte, Hirnblutung gewesen sein musste.
Weil der erstbehandelnde Krankenhausarzt diese sogenannte „Warnblutung“ wegen der nach Meinung des Klägers nur oberflächlichen Befunderhebung nicht erkannt hatte, ging er von einem Behandlungsfehler aus. Er verklagte die Klinik daher auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld. Mit Erfolg: Das Oberlandesgericht Hamm gab seiner Klage statt.
Nach Überzeugung des Gerichts ist die Dauerschädigung, die der Kläger erlitten hat, auf einen Fehler des erstbehandelnden Arztes zurückzuführen. Bei einer ausreichenden Befunderhebung hätte er nämlich die Warnblutung erkennen müssen.
Umkehr der Beweislast
In diesem Fall hätte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eine große Heilungschance bestanden. Denn bei einer fachgerechten Erstbehandlung wäre die kurze Zeit später auftretende große Hirnblutung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht aufgetreten.
Die bloße Behauptung der beklagten Klinik, den Kläger angesichts der von ihm geschilderten Symptome angemessen und ausreichend behandelt zu haben, konnte diese nach Meinung der Richter nicht entlasten.
Denn im Rahmen der dem Kläger zugutekommenden Beweislastumkehr wäre es Sache des Krankenhauses gewesen, zu beweisen, dass dem Arzt, der den Kläger behandelt hat, bei der Befunderhebung kein Fehler unterlaufen ist. Diesen Beweis ist die Klinik jedoch schuldig geblieben.
(Quelle VersicherungsJournal 12.02.2013)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
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