27.05.2013
Antibabypille nur für Teenager?

Soweit ärztlich verordnet, haben Versicherte bis zum vollendeten 20. Lebensjahr grundsätzlich einen Anspruch auf Versorgung mit empfängnisverhütenden Mitteln durch ihren gesetzlichen Krankenversicherer. Diese Altersgrenze gilt ausnahmslos auch für behinderte Menschen. Das hat der 4. Senat des Hessischen Landessozialgerichts mit einem am vergangenen Mittwoch veröffentlichten Urteil vom 23. Januar 2013 entschieden (Az.: L 4 KA 17/12).
Dem Urteil lag die Klage eines Vereins zugrunde, der als stationäre Behindertenhilfe anerkannt ist.
Zum Schutz ungeborenen Lebens

Im Rahmen seiner Arbeit verordnet der Verein behinderten Patientinnen empfängnisverhütende Mittel, und zwar auch dann, wenn diese das 20. Lebensjahr überschritten haben.

Das begründeten die Verantwortlichen des Vereins gegenüber der für die Patientinnen zuständigen gesetzlichen Krankenkasse damit, dass die Einsichtsfähigkeit der geistig Behinderten in die Notwendigkeit einer gesunden Lebensführung während einer möglichen Schwangerschaft stark eingeschränkt sei. Daher sei das Kindeswohl gefährdet.

Wegen ihrer Behinderung müssten die Frauen außerdem Medikamente nehmen, die ebenfalls eine gesunde Entwicklung ungeborenen Lebens gefährden würden. Aus den genannten Gründen sei es daher sinnvoll, Schwangerschaften der Patientinnen zu verhindern.
Nachvollziehbare Altersgrenze

Nachdem die Krankenkasse den Verein trotz dieser Argumente wegen bereits von ihr bezahlter Verhütungsmittel in Höhe von rund 1.000 Euro in Regress nehmen wollte, landete der Fall vor Gericht. Dort erlitt der Verein eine Niederlage.

Gemäß § 24a Absatz 2 des fünften Sozialgesetzbuchs (SGB V) haben Versicherte bis zur Vollendung ihres 20. Lebensjahrs grundsätzlich einen Anspruch auf Versorgung mit empfängnisverhütenden Mitteln durch ihren gesetzlichen Krankenversicherer. Voraussetzung ist lediglich, dass die Mittel ärztlich verordnet werden.

Diese Altersgrenze hielten die Richter auch für nachvollziehbar. Denn der Gesetzgeber habe die Regelung damit begründet, dass junge, noch in der Ausbildung befindliche Frauen, die schwanger werden, in besonderem Maße einer Konfliktsituation ausgesetzt seien.
Nicht planwidrig lückenhaft

Da die gesetzliche Regelung nach Ansicht des Gerichts nicht „planwidrig lückenhaft“ ist, muss die Vorschrift auch auf behinderte Versicherte angewendet werden, welche das 20. Lebensjahr vollendet haben.

Die beklagte gesetzliche Krankenkasse ist daher trotz der Argumente des klagenden Vereins nicht dazu verpflichtet, die Kosten der Verhütungsmittel älterer Patientinnen ausnahmsweise zu übernehmen.

Das Gericht sah keine Veranlassung, eine Revision zum Bundessozialgericht zuzulassen. Ob der Verein mithilfe einer sogenannten Nichtzulassungs-Beschwerde versuchen wird, zu seinem vermeintlichen Recht zu kommen, war leider nicht in Erfahrung zu bringen.

Quelle VersicherungsJournal 12.02.2013)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
juergenzwilling@auc-zwilling.de ursulazwilling@auc-zwilling.de