Wer in einem Supermarkt eine beschädigte Flasche aus einem Regal nimmt und sich dabei verletzt, hat in der Regel keinen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld. Das gilt auch dann, wenn er die Beschädigung der Flasche nicht erkennen konnte, so das Amtsgericht München in einem gestern veröffentlichten rechtskräftigen Urteil vom 25. Mai 2012 (Az.: 283 C 2822/12).
Die Klägerin hatte im Dezember 2010 in einem Supermarkt eine Flasche Rum aus einer Flaschenpyramide genommen. Weil der Hals der Rumflasche zerbrochen war, zog sich die Frau eine tiefe Schnittwunde an ihrer Hand zu.
Verletzung der Verkehrssicherungs-Pflicht?
Während des Heilungsprozesses war die Klägerin vorübergehend auf eine Haushaltshilfe angewiesen. Die hierfür aufgewendeten Kosten machte sie zusammen mit einem Schmerzensgeld gegenüber dem Ladenbesitzer geltend.
Sie warf ihm vor, seine Verkehrssicherungs-Pflicht verletzt zu haben. Denn schließlich hätte seinem Personal bereits beim Aufstellen der Pyramide auffallen müssen, dass der Hals der Rumflasche beschädigt war. Selbst wenn das nicht der Fall gewesen sein sollte, dürfe der Kunde eines Supermarktes erwarten, dass Flaschenpyramiden und -regale regelmäßig auf möglicherweise beschädigte Flaschen überprüft werden.
Überzogene Forderung
Doch dem wollte das Münchener Amtsgericht nicht folgen. Es wies die von der Kundin eingereichte Schadenersatz- und Schmerzensgeldklage als unbegründet zurück. Nach Ansicht des Gerichts würde man die Forderungen an die Verkehrssicherungs-Pflichten eines Supermarktbetreibers überziehen, wenn man ihn für jegliche denkbare Schäden verantwortlich machen würde.
„Denn eine Gefahrenquelle führt erst dann zu einer Haftung, wenn sich aus ihr vorausschauend für einen sachkundig Urteilenden die nahe liegende Gefahr ergibt, dass andere verletzt werden könnten“, so das Gericht.
Davon konnte in dem entschiedenen Fall jedoch nicht ausgegangen werden. Denn auch die Klägerin selbst hatte beim Herausnehmen der Flasche nicht erkannt, dass deren Hals beschädigt war. Daher mussten auch der Ladenbesitzer beziehungsweise sein Personal nicht damit rechnen, dass sich eine unbemerkt gebliebene zerbrochene Flasche in der Pyramide befand.
Da der Gesetzgeber keine Gefährdungshaftung von Geschäftsinhabern für jeglichen Schäden, die ein Kunde in seinem Laden erleiden kann, vorgesehen hat, geht die Klägerin leer aus. In ihrem Fall hat sich das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht, für dessen Folgen sie selbst einzustehen hat, so das Gericht.
(Quelle VersicherungsJournal 20.11.2012)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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