Kann ein Flugzeug wegen der plötzlichen Erkrankung eines Crew-Mitgliedes nur mit einer Verspätung von mehr als drei Stunden starten, so haben die Passagiere einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung nach den Bestimmungen der Fluggastrechte-Verordnung. Das hat das Landgericht Darmstadt mit Urteil vom 23. Mai 2012 entschieden (Az.: 7 S 250/11).
Der Kläger hatte einen Flug nach Sansibar gebucht. Am Tag seiner Rückreise erfuhr er, dass der Flugkapitän unerwartet erkrankt war. Weil kurzfristig kein Ersatzpilot zur Verfügung stand, verzögerte sich der Rückflug um 24 Stunden.
Außergewöhnlicher Umstand?
Das nahm der Kläger zum Anlass, von der Luftfahrtgesellschaft eine Ausgleichszahlung im Sinne der Bestimmungen der Fluggastrechte-Verordnung zu fordern. Die wollte jedoch nicht zahlen. Zur Begründung berief sie sich auf Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung, in der es heißt:
„Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.“
Weil man sich nicht einigen konnte, landete der Fall vor dem Darmstädter Landgericht. Dort erlitt die Fluggesellschaft eine Niederlage.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hatte der Flugkapitän einen Kreislaufkollaps erlitten. Das Gericht stimmte daher mit der Beklagten darin überein, dass das Flugzeug unmöglich planmäßig abheben konnte.
Sache der Fluggesellschaft
Die Gesellschaft kann sich trotz allem nicht auf einen außergewöhnlichen Umstand berufen, der eine Ausgleichszahlung an den Kläger ausschließt. Nach Ansicht der Richter ist es nämlich allein der betrieblichen Sphäre einer Fluggesellschaft zuzurechnen, wenn ein bei ihr beschäftigter Mitarbeiter erkrankt und deshalb seine vorgesehenen Aufgaben nicht wahrnehmen kann.
„Es kommt dabei auch nicht darauf an, welche Ursache dieser krankheitsbedingte Ausfall hat, ob es sich also wie etwa bei einer bakteriellen Erkrankung oder einer Virusinfektion um eine Einwirkung auf den menschlichen Körper von außen handelt, es um eine chronische Krankheit, unfallbedingte Verletzungen oder aber um einen wie etwa bei übermäßigem Alkoholgenuss von dem Mitarbeiter selbst veranlassten Ausfall geht“, so das Gericht.
Eine Luftfahrtgesellschaft muss vielmehr mit Betriebsstörungen wegen der Erkrankung von Mitarbeitern rechnen. Sie darf daher die damit verbundenen Risiken nicht auf ihre Kunden abwälzen.
(Quelle VersicherungsJournal 23.01.2013)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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