29.04.2013
Dumme Kuh

Wer bei dem Versuch, ein Tier retten zu wollen, zu Schaden kommt, steht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Das gilt selbst dann, wenn sich der Unfall nicht im Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufs ereignet hat, so das Sozialgericht Frankfurt am Main in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 21. November 2012 (Az.: S 23 U 6/11).
Geklagt hatte ein Landwirt, dessen Kuh sich mit ihrer Kette verhakt hatte. Weil das Tier zu ersticken drohte und der Kläger das Problem selber nicht in den Griff bekam, rief er seinen in der Nähe wohnenden Bruder zu Hilfe.
Beinbruch
Diesem gelang es zwar, die Kuh zu befreien. Bei der Rettungsaktion wurde er jedoch von einer anderen Kuh getreten. Dadurch zog er sich einen Unterschenkelbruch zu.
Der Antrag des Klägers, den Unfall seines Bruders als Arbeitsunfall anzuerkennen, lehnte die Berufsgenossenschaft ab. Denn bei der Hilfeleistung habe es sich um eine reine Gefälligkeit unter Verwandten gehandelt.
Der Bruder des Klägers sei daher weder wie ein Arbeitnehmer, noch wie ein „Wie-Beschäftigter“ im Sinne von § 2 Absatz 2 SGB VII zu behandeln. Bei dem Unfall habe er folglich nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden.
Erhebliche wirtschaftliche Bedeutung
In seiner gegen den gesetzlichen Unfallversicherer eingereichten Klage machte der Landwirt geltend, dass sein Bruder sehr wohl wie ein Beschäftigter für ihn tätig geworden wäre. Denn die Rettung der Kuh sei angesichts des erheblichen Verletzungsrisikos keine Selbstverständlichkeit gewesen.
Angesichts des Wertes der Kuh sei die Hilfe seines Bruders im Übrigen von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung gewesen. Der Unfall müsse daher wie ein Arbeitsunfall betrachtet werden.
Auch wenn sich die Richter dieser Argumentation nicht anschließen wollten, gaben sie der Klage gleichwohl statt.
Kein arbeitnehmerähnliches Verhältnis, aber …
Nach Überzeugung des Gerichts ist der Bruder des Klägers bei dem Zwischenfall nicht arbeitnehmerähnlich tätig geworden. Denn dagegen spreche nicht nur das Verwandtschafts-Verhältnis, sondern vor allem die kurze Dauer seines Rettungseinsatzes.
Auch die Tatsache, dass der Bruder des Klägers nur dieses eine Mal auf dem Hof tätig geworden war, spricht nach Ansicht der Richter gegen die Annahme eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses.
Die Richter gingen trotz allem von einer Leistungsverpflichtung der beklagten Berufsgenossenschaft aus. Denn gemäß § 2 Absatz 1 (13) SGB VII stehen auch jene Personen Kraft Gesetz unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, die bei Unglücksfällen Hilfe leisten und dabei zu Schaden kommen.
Der drohende Erstickungstod eines Tieres stellt nach Ansicht des Gerichts einen solchen Unglücksfall dar. Dabei kommt es nach Meinung der Richter auch nicht auf den wirtschaftlichen Wert eines Tieres an. Maßgeblich sei vor allem, dass ihm Leid erspart werden soll.
(Quelle VersicherungsJournal 14.01.2013)

Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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