22.04.2013
Unfallversicherung – Wenn sich plötzlich alles dreht

Versicherte, die sich einen Dauerschaden zuziehen, weil sie wegen eines Schwindelanfalls stürzen, haben keinen Anspruch auf Leistungen aus ihrer privaten Unfallversicherung. Das hat das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Urteil vom 31. August 2012 entschieden (Az.: I-4 U 218/11).
Wie die Deutsche Anwaltshotline berichtet, war der herzkranken Klägerin in einer extrem schwülwarmen Sommernacht plötzlich schlecht geworden. Sie war daher schlaftrunken aus ihrem Bett aufgestanden, um am Schlafzimmerfenster nach frischer Luft zu schnappen.
Sturz aus Schlafzimmerfenster
Was danach passiert war, wusste die Klägerin nicht mehr. Fakt war, dass sie das Fenster geöffnet und aus der ersten Etage in die Tiefe gestürzt war. Bei dem Sturz zog sie sich Frakturen der ersten vier Lendenwirbel zu. Das hatte zur Folge, dass es ihr nicht mehr möglich war, längere Zeit zu stehen oder zu laufen. Sie konnte sich außerdem nicht mehr bücken und auch keine schweren Sachen mehr heben.
Über den Grad der durch den Sturz erlittenen Invalidität konnten sich die mit dem Fall befassten Mediziner nicht einigen. Während der Klägerin in einer gutachterlichen Stellungnahme der Klinik, in welche sie eingeliefert worden war, eine Beeinträchtigung ihrer Leistungsfähigkeit von 50 Prozent attestiert wurde, kam ein von ihr selbst beauftragter Gutachter auf einen Invaliditätsgrad von 80 Prozent.
Der Gutachter des privaten Unfallversicherers der Klägerin wollte ihr hingegen nur eine Invalidität in Höhe von 20 Prozent bescheinigen.
Überraschung
Doch das war der Klägerin deutlich zu wenig. In ihrer gegen den Versicherer gerichteten Klage bestand sie auf Leistungen, die einen Invaliditätsgrad von mindestens 50 Prozent zur Grundlage hatten.
Damit hatte sie jedoch keinen Erfolg. Denn vermutlich auch zur Überraschung des Versicherers, der bereits auf Basis eines Invaliditätsgrads in Höhe von 20 Prozent geleistet hatte, hielten die Richter des Düsseldorfer Oberlandesgerichts jegliche Ansprüche der Klägerin für unbegründet.
Die Richter verwiesen die Prozessbeteiligten auf den Wortlaut der Versicherungs-Bedingungen, wonach Unfälle, die auf Geistes- oder Bewusstseinsstörungen zurückzuführen sind, nicht unter den Versicherungsschutz fallen.
Keine Frage der Dauer
Davon sei im Fall der Klägerin jedoch auszugehen. „Denn eine Bewusstseinsstörung im Sinne der Ausschlussklausel setzt nicht den Eintritt völliger Bewusstlosigkeit voraus. Es genügen vielmehr solche gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit des Versicherten, die die gebotene und erforderliche Reaktion auf die vorhandene Gefahrenlage nicht mehr zulassen, die also den Versicherten außer Stande setzen, den Sicherheitsanforderungen seiner Umwelt zu genügen“, so das Gericht.
Auf die Dauer der Bewusstseinsstörung kommt es nach Meinung der Richter nicht an. Ihres Erachtens reicht auch eine nur kurz auftretende gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine gebotene und erforderliche Reaktion auf eine Gefahrenlage nicht mehr zulässt aus. Als Beispiel nannten sie einen plötzlichen Schwindelanfall oder ein kurzfristiges „schwarz vor Augen Werden“.
Nach Überzeugung der Richter lässt der Geschehensablauf einzig den Schluss zu, dass die Klägerin wegen kurzzeitiger Kreislaufprobleme aus dem Fenster gestürzt ist. Das aber hat zur Folge, dass ihr Versicherer leistungsfrei ist. Die Richter sahen keine Veranlassung, eine Revision zum Bundesgerichtshof zuzulassen.
(Quelle VersicherungsJournal 06.11.2012)

Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
juergenzwilling@auc-zwilling.de ursulazwilling@auc-zwilling.de