Ein Unfall im Sinne der Versicherungs-Bedingungen einer privaten Unfallversicherung liegt auch dann vor, wenn sich ein Fußballtorwart beim Abschlag eines Balls einen Muskelfaserriss zuzieht. Das hat das Oberlandesgericht München mit Urteil vom 10. Januar 2012 entschieden (Az.: 25 U 3980/11).
Der Kläger hatte als Torwart eines Fußballvereins im November 2006 einen Abschlag ausgeführt und beim Zusammentreffen seines Fußes mit dem Ball einen stechenden Schmerz verspürt.
Kein Unfall?
Wie sich herausstellte, hatte er sich bei dem Abschlag einen Muskelfaserriss zugezogen. Dieser führte zu einem Dauerschaden. Zu der Verletzung war es deswegen gekommen, weil sich der Kläger den Ball versehentlich zu weit vorgelegt hatte. Um ihn noch mit dem Fuß erreichen zu können, hatte er sein Bein maximal gestreckt. Beim Auftreffen des Beins auf den Ball erlitt der Kläger die Verletzung.
Als der Torwart die Sache seinem privaten Unfallversicherer meldete, verweigerte dieser die Leistungsübernahme. Nach Ansicht des Versicherers war die Verletzung nämlich die Folge einer vollständig beherrschten Eigenbewegung des Versicherten. Bedingungsgemäß versichert seien aber nur Verletzungen infolge planwidriger Bewegungen.
Außerdem sei die die Verletzung verursachende Einwirkung des Balls auf den Fuß des Versicherten nicht „plötzlich“ erfolgt, wie es in den Versicherungs-Bedingungen zur Erfüllung des Unfallbegriffs gefordert werde. Der Kontakt mit dem Ball habe vielmehr im Rahmen der willkürlichen Eigenbewegung stattgefunden.
Keine Folge einer Eigenbewegung
Die Sache landete schließlich vor Gericht. Dort erlitt der Versicherer sowohl vor dem Landgericht als auch vor dem Oberlandesgericht eine Niederlage. Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat das Landgericht zu Recht angenommen, dass der Kläger einen Unfall im Sinne der Versicherungs-Bedingungen einer privaten Unfallversicherung erlitten hat.
Die Richter zeigten sich nach Anhörung eines Sachverständigen überzeugt davon, dass sich der Kläger die Verletzung nicht durch die Eigenbewegung, das heißt durch die bewusste Streckung seines Beins zugezogen hat. Sie ist vielmehr erst durch den Aufprall des Fußes auf den Ball und die dabei auf den Muskel einwirkenden Kräfte ausgelöst worden.
Als Beispiel nannten die Richter den Fall eines Torwarts, der sich nach einem scharfen Schuss eine Finger- oder Handgelenksverletzung zuzieht, weil er den Ball noch mit den Fingerspitzen erreicht hat. „Bei einem solchen Ablauf liegt nach allgemeinem Verständnis wohl klar nicht nur eine Sportverletzung, sondern auch ein Sportunfall im Sinne der Definition der Versicherungs-Bedingungen vor“, so das Gericht.
Plötzlich und unfreiwillig
Den Einwand des Versicherers, dass sich das Ereignis nicht „plötzlich“ ereignet habe, ließen die Richter ebenfalls nicht gelten. Denn als plötzlich im Sinne der Bedingungen einer privaten Unfallversicherung sei jedes Geschehen innerhalb eines kurzen Zeitraums anzusehen.
Da sich der zu der Gesundheitsschädigung des Klägers führende Vorgang zweifellos in einem kurz bemessenen Zeitraum abgespielt hat, liegt nach Meinung der Richter „Plötzlichkeit“ vor, auch wenn der Abschlag und damit das Aufprallen des Balles auf den Fuß zumindest im groben Ablauf geplant war.
Die Richter sahen auch einen weiteren Begriff der privaten Unfallversicherung als erfüllt an. Denn nach ihrer Überzeugung hat sich der Unfall „unfreiwillig“ ereignet.
Das Merkmal der Unfreiwilligkeit bezieht sich nämlich nicht auf das Unfallereignis, im vorliegenden Fall auf das Zusammentreffen des Fußes mit dem Ball, sondern auf die dadurch bewirkte Gesundheitsschädigung. Das Gericht sah keine Veranlassung, eine Revision zum Bundesgerichtshof zuzulassen.
(VersicheurngsJournal 21.11.2012)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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