14.01.2013
Vorsicht Glatteis

Wer bei einem erkennbar vereisten Weg nicht eine sich in unmittelbarer Nähe befindliche Ausweichroute wählt, hat selbst dann keinen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld, wenn die Hauptroute nicht gestreut beziehungsweise von Eis und Schnee befreit war. Das hat das Amtsgericht München mit einem gestern veröffentlichten Urteil vom 27. Juli 2012 entschieden (Az.: 212 C 12366/12).

Die Klägerin hatte eine Wohnung in einer größeren Wohnanlage gemietet. Als sie Ende Januar 2011 ihren Müll zu einem Müllhäuschen bringen wollte, kam sie auf dem Rückweg von dem Müllcontainer auf dem mit Schnee und Eis bedeckten Weg zu Fall. Dabei zog sie sich erhebliche Verletzungen zu, die eine langwierige Behandlung erforderlich machten.
Eigenes Verschulden?

Mit der Argument, dass der Vermieter seine Verkehrssicherungs-Pflicht verletzt habe, weil er den Weg zu dem Müllhäuschen nicht von Schnee und Eis habe räumen beziehungsweise zumindest streuen lassen, verklagte sie ihn auf Zahlung von Schmerzensgeld.

Vor Gericht verteidigte sich der Vermieter damit, dass der Klägerin ein nicht von der Glätte betroffener Ausweichweg zur Verfügung gestanden habe. Den aber habe sie zumindest auf ihrem Rückweg nicht benutzt. Sie habe sich ihre Verletzung daher selber zuzuschreiben.

Dieser Argumentation schloss sich das Münchener Amtsgericht an. Es wies die Schmerzensgeldklage als unbegründet zurück.
Keine Haftungsverpflichtung

Das Gericht stellte zwar nicht in Abrede, dass der Vermieter dazu verpflichtet gewesen wäre, auch den Hauptweg zu dem Müllcontainer zu streuen beziehungsweise von Schnee und Eis zu befreien. Angesichts des erheblichen Eigenverschuldens der Klägerin kann jedoch dahin stehen, ob der Vermieter seiner Verkehrssicherungs-Pflicht nachgekommen ist.

Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war der Klägerin bewusst, dass der Hauptweg zu dem Müllhäuschen nicht gefahrlos zu begehen war. Für den Hinweg hatte sie daher eine in unmittelbarer Nähe befindliche Route entlang des Gebäudes gewählt, die von Schnee und Eis befreit war.

Nach Ansicht des Gerichts war ihr daher zuzumuten, diese Route auch für den Rückweg zu nutzen. Wird aber bei erkennbar schwierigen eisigen Verhältnissen ein in unmittelbarer Nähe befindlicher gefahrloser Weg ohne Not nicht gewählt, so besteht im Fall eines Unfalls selbst dann keine Haftungsverpflichtung, wenn der Verkehrssicherungs-Pflichtige den Hauptweg nicht geräumt beziehungsweise gestreut hat, so das Gericht.

Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig.
(Quelle VersicherungsJournal 08.01.2013)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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