03.12.2012
Waldspaziergang mit fatalen Folgen

Kommt ein Spaziergänger in einem Wald durch einen abbrechenden Ast zu Schaden, so hat er gegenüber dem Besitzer des Waldes keinen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld. Das gilt selbst dann, wenn der Waldbesitzer beziehungsweise einer seiner Angestellten wusste, dass von dem Baum eine akute Gefahr ausgeht, so der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 2. Oktober 2012 (Az.: VI ZR 311/11).
Die Klägerin befand sich im Juli 2006 bei sehr warmen Wetter und leichtem Wind auf einem Waldweg, als von einer circa fünf Meter neben dem Weg stehenden Eiche ein langer Ast abbrach und sie am Hinterkopf traf. Bei dem Vorfall erlitt sie eine schwere Hirnschädigung.
Der Besitzer des Waldes fühlte sich für den Vorfall nicht verantwortlich. Denn nach seiner Rechtsauffassung betreten Spaziergänger einen Wald grundsätzlich auf eigene Gefahr. Er lehnte es daher ab, der Klägerin ein Schmerzensgeld zu zahlen.
Dem schloss sich das in erster Instanz angerufene Landgericht Saarbrücken an. Es wies die Schmerzensgeldklage der Verletzten als unbegründet zurück.
Verletzung der Verkehrssicherungs-Pflicht
In der Berufungsverhandlung vor dem Saarländischen Oberlandesgericht hatte die Klägerin mehr Glück. Nach Meinung des Gerichts ist nämlich ein Waldbesitzer, der weiß, dass sein Wald von Spaziergängern aufgesucht wird, zumindest eingeschränkt verkehrssicherungs-pflichtig.
Der Besitzer eines Waldes sei daher dazu verpflichtet, bei gelegentlichen Begehungen die am Rand von Erholungswegen stehenden Bäume zu kontrollieren und einzuschreiten, wenn sich Anhaltspunkte für eine unmittelbare Gefährdung von Wanderern und Spaziergängern böten.
Nach den Feststellungen des Gerichts war dem Waldbesitzer schon seit Längerem bekannt, dass von der Eiche eine akute Gefahr ausging. Er hätte den Weg daher entweder sperren oder morsche Äste beseitigen lassen müssen.
Wer sich in Gefahr begibt …
Doch dem wollte der von dem Waldbesitzer in Revision angerufene Bundesgerichtshof nicht folgen. Dessen Richter wiesen die Schmerzensgeldklage als unbegründet zurück.
Nach den Bestimmungen des Gesetzes zur Erhaltung des Waldes und zur Förderung der Forstwirtschaft (Bundewaldgesetz) ist es in der Regel jedermann gestattet, einen Wald zu Erholungszwecken zu betreten. Die Benutzung des Waldes erfolgt gemäß § 14 Absatz 1 BWaldG jedoch grundsätzlich auf eigene Gefahr.
Zweck dieser Bestimmung ist es, dass den Waldbesitzern, die das Betreten dulden müssen, keine besonderen Sorgfalts- und Verkehrssicherungs-Pflichten erwachsen sollen. Ein Waldbesitzer haftet daher nur für solche Gefahren, die im Wald atypisch, das heißt die nicht als naturbedingt anzusehen sind, so das Gericht.
Die Gefahr eines Astabbruchs gehört jedoch zu den typischen Gefahren, denen sich ein Besucher eines Waldes aussetzt. Der Klägerin steht daher kein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes zu.
(Quelle VersicherungsJournal 04.10.2012)


Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
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