Ein Klinikum ist nach der Verletzung einer Hilfsbedürftigen nur dann zur Zahlung von Schmerzensgeld verpflichtet, wenn dem Pflegepersonal eine Verletzung seiner Sorgfaltspflichten nachgewiesen werden kann. Das geht aus einem am Freitag veröffentlichten Urteil des Landgerichts Coburg vom 7. März 2012 hervor (Az.: 13 O 259/10).
Der Entscheidung lag die Klage einer Frau zugrunde, deren betagte, inzwischen verstorbene Mutter im Oktober 2008 im Krankenzimmer einer Klinik einen Bruch ihres rechten Oberarms erlitten hatte.
Fehler des Pflegepersonals?
Die Klägerin behauptete, dass der Bruch auf einen Fehler des Pflegepersonals zurückzuführen sei. Zwei Pflegekräfte hätten ihre Mutter auf einen anderen Platz setzen wollen. Bei dieser Aktion sei es zu dem zwei Tage später festgestellten Oberarmbruch gekommen.
Die Klägerin hielt es für ausgeschlossen, dass es bei einem sach- und fachgerechten Vorgehen des Personals zu einer derartigen Verletzung gekommen wäre. Sie forderte daher als Erbin die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 10.000 Euro.
Keiner Schuld bewusst
In dem sich anschließenden Rechtsstreit verteidigte sich die Klinik damit, dass die Pflegekräfte fachgerecht vorgegangen seien. Beim Umsetzen sei die Patientin jeweils von einer Pflegekraft unter der Achselhöhle und mit der anderen Hand am Gesäß gestützt worden. Dabei habe es zwar ein knackendes Geräusch im rechten Arm gegeben. Das aber sei auch bei früheren Umsetzaktionen zu hören gewesen.
Trotz allem habe man sofort eine Kontrolle des Arms durchgeführt, ohne eine Einschränkung der Beweglichkeit festzustellen.
Auch eine am nächsten Tag vorsorglich veranlasste Röntgenaufnahme habe keinen klinischen Befund erbracht. Erst bei einer einen Tag darauf durchgeführten Computertomographie habe man den Oberarmbruch entdeckt. Nach all dem könne dem Pflegepersonal kein Vorwurf gemacht werden. Es habe sich korrekt verhalten.
Fehlender Nachweis
Dem schlossen sich die Richter des Coburger Landgerichts an. Sie wiesen die Schmerzensgeldklage als unbegründet zurück.
Nach Ansicht des Gerichts ist es der Klägerin nicht gelungen, ein Fehlverhalten des Pflegepersonals nachzuweisen. Denn allein die Tatsache, dass es während des Umsetzens ihrer Mutter zu dem Oberarmbruch gekommen war, spricht nach Überzeugung der Richter nicht für ein Verschulden des Personals.
Das wurde auch von einem vom Gericht befragten medizinischen Sachverständigen bestätigt. Nach dessen Aussage litt die Mutter der Klägerin an einer hochgradigen Osteoporose. Bei einer derartigen Erkrankung könnten aber selbst Bagatellbelastungen zu Knochenbrüchen führen.
Schicksalhaftes Ereignis
Selbst wenn sich der Bruch beim Umsetzen der Mutter der Klägerin ereignet haben sollte, spricht das nach Überzeugung des Sachverständigen nicht für ein Verschulden des Pflegepersonals, sondern für ein schicksalhaftes Ereignis.
Nach Ansicht des Gerichts kann der Klinik auch nicht vorgeworfen werden, zu spät auf den Zwischenfall reagiert zu haben. Denn neben dem Beweglichkeitstest wurde zusätzlich eine Röntgenaufnahme veranlasst. Da beide Tests ohne negativen Befund blieben, war es nicht zu beanstanden, dass die Computertomographie erst einen Tag später durchgeführt wurde.
Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig.
(Quelle VersicherungsJournal 17.09.2012)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
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