Die Eltern einer 13-jährigen Radfahrerin können sich nicht mit dem Argument aus der Verantwortung stehlen, dass ihr Kind noch nicht deliktsfähig ist, wenn es bei Rotlicht eine Fußgängerampel überfährt, so das Amtsgericht Gießen in einem Urteil vom 14. August 2012 (Az.: 49 C 147/12).
Die Klägerin war mit ihrem Pkw auf einer innerstädtischen Straße unterwegs, als sie im Bereich einer durch eine Ampel gesicherten Kreuzung ein von rechts kommendes Fahrrad bemerkte. Dessen Fahrerin überquerte den Rad- und Fußgängerüberweg bei Rot.
Nicht verantwortlich?
Um nicht mit dem Velo der zu diesem Zeitpunkt 13-jährigen Schülerin zusammenzustoßen, wich die Klägerin mit ihrem Pkw nach links aus. Dabei streifte sie ein entgegenkommendes Fahrzeug. Durch den Zwischenfall entstand ihr ein Schaden in Höhe von rund 4.000 Euro, den sie gegenüber den Eltern der Schülerin geltend machte.
Diese beriefen sich darauf, dass ihre Tochter noch nicht deliktsfähig sei und sie somit nicht für den Schaden verantwortlich gemacht werden könnten.
Doch dem wollte das Gießener Amtsgericht nicht folgen. Es gab der Schadenersatzklage der geschädigten Autofahrerin in vollem Umfang statt.
Uneingeschränkt deliktsfähig
Nach Ansicht des Gerichts kann ein 13-jähriges Kind gemäß § 828 Absatz 3 BGB dann für einen von ihm verursachten Schaden verantwortlich gemacht werden, wenn es bei der Begehung der schädigenden Handlung die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat.
Davon ist auszugehen, wenn es eine Ampel bei Rot überquert. Denn ein geistig normal entwickeltes Kind dieses Alters muss wissen, dass das verboten ist und dass damit erhebliche Gefahren für sich und andere Verkehrsteilnehmer verbunden sind.
Es kommt hinzu, dass die Schülerin die Strecke seit einem dreiviertel Jahr mit ihrem Fahrrad befuhr und sie den durch eine Ampel gesicherten Fußgänger- beziehungsweise Fahrradüberweg bestens kannte. Denn genau gegenüber befindet sich ihre Schule. Nach Ansicht des Gerichts ist daher von einer uneingeschränkten Deliktsfähigkeit des Kindes auszugehen.
(Quelle VersicherungsJournal 10.09.2012)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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